Naturwissen
Der Waldzustandsbericht 2023, herausgegeben vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), bietet eine detaillierte Analyse des aktuellen Gesundheitszustands der deutschen Wälder.
Seit 1984 wird dieser Bericht jährlich erstellt, basierend auf systematischen Erhebungen in Zusammenarbeit mit den Bundesländern. Ziel ist es, fundierte Daten für forst- und umweltpolitische Entscheidungen bereitzustellen. Wir haben Ihnen die wesentlichen Erkenntnisse aus diesem Bericht zusammengefasst.
Die Ergebnisse des Berichts sind alarmierend: Nur etwa 20 % der Bäume in Deutschland gelten als gesund, während 80 % Anzeichen von Schäden aufweisen. Ein zentraler Indikator für die Vitalität der Bäume ist die sogenannte Kronenverlichtung. Dieser Begriff beschreibt den Verlust von Blättern oder Nadeln in der Baumkrone, was auf Stressfaktoren wie Trockenheit, Schädlingsbefall oder Schadstoffeinträge hindeutet.
Eine dichte, voll belaubte Krone signalisiert einen gesunden Baum, während lichte Kronen auf gesundheitliche Beeinträchtigungen hinweisen. Im Jahr 2023 liegt die durchschnittliche Kronenverlichtung bei 25,9 %, was den Wert des Vorjahres widerspiegelt. Der Anteil der Bäume ohne Kronenverlichtung beträgt lediglich 20 %, während 36 % eine deutliche Verlichtung aufweisen.
Die Fichte zeigt eine Zunahme der deutlichen Kronenverlichtung von 40 % im Vorjahr auf 43 % im Jahr 2023. Nur 17 % der Fichten sind ohne Verlichtung, was einen Rückgang von 7 Prozentpunkten gegenüber 2022 darstellt.
Bei der Kiefer ist eine leichte Verbesserung zu verzeichnen. Der Anteil der Bäume ohne Verlichtung stieg von 13 % auf 23 %, während der Anteil mit deutlicher Verlichtung von 28 % auf 24 % sank.
Der Anteil der Buchen mit deutlicher Kronenverlichtung erhöhte sich um einen Prozentpunkt auf 46 %. Nur 15 % der Buchen zeigen keine Verlichtung, was einen Rückgang von 6 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr bedeutet.
Bei der Eiche ist der Anteil der deutlichen Kronenverlichtung um 4 Prozentpunkte auf 44 % gestiegen. Der Anteil ohne Verlichtung sank leicht von 19 % auf 17 %.
Die Waldschäden variieren je nach Region. In Nordrhein-Westfalen weisen nur 25 % der Bäume keine Kronenverlichtung auf. Besonders betroffen sind Eichen, von denen lediglich 7 % als gesund gelten. In Bayern liegt die mittlere Kronenverlichtung bei 26 %. Besonders in Unter- und Mittelfranken sind Buchen von massiven Trockenschäden betroffen.
Die Hauptursachen für die beobachteten Waldschäden sind:
Anhaltende Trockenheit und hohe Temperaturen seit 2018 haben die Vitalität der Bäume erheblich beeinträchtigt.
Geschwächte Bäume sind anfälliger für Schädlinge wie den Borkenkäfer, der insbesondere Fichtenbestände massiv schädigt.
Hohe Stickstoffeinträge belasten die Waldböden und beeinträchtigen die Gesundheit der Bäume.
Angesichts der alarmierenden Befunde sind umfassende Maßnahmen erforderlich, um die deutschen Wälder zu stabilisieren und für die Zukunft zu stärken:
Monokulturen, insbesondere reine Fichtenbestände, sind anfälliger für Klimastress und Schädlingsbefall. Mischwälder mit einer Vielfalt an Baumarten erhöhen die Widerstandsfähigkeit gegenüber Extremwetterereignissen und Krankheiten.
Wo möglich, sollte die natürliche Regeneration gefördert werden. In Bereichen, in denen dies nicht ausreicht, sind gezielte Pflanzungen mit standortgerechten, klimaresilienten Baumarten notwendig.
Eine nachhaltige Bewirtschaftung, die den Wasserhaushalt verbessert, den Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden minimiert und den Boden schont, trägt zur Stabilisierung der Waldökosysteme bei.
Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer werden durch verschiedene Förderprogramme und fachliche Beratung unterstützt, um den Waldumbau effektiv umzusetzen.
Die Aufforstung von Mischwäldern spielt dabei eine zentrale Rolle. Durch die Kombination verschiedener Baumarten wird das Risiko von flächendeckenden Schäden reduziert, da unterschiedliche Arten unterschiedlich auf Stressfaktoren wie Trockenheit, Sturm oder Schädlingsbefall reagieren. Ein artenreicher Wald verbessert zudem die Biodiversität und schafft Lebensräume für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten.
Mischwälder haben außerdem eine stabilisierende Wirkung auf das Klima: Sie speichern mehr CO₂ als Monokulturen, regulieren den Wasserhaushalt besser und sind weniger anfällig für Waldbrände. Tiefwurzelnde Laubbäume wie Eichen oder Buchen können beispielsweise Wasser aus tieferen Bodenschichten nutzen und damit auch in Trockenperioden überleben. Gleichzeitig bieten Nadelbäume einen gewissen Schutz vor Wind und Erosion.
Um die langfristige Widerstandsfähigkeit der Wälder zu sichern, müssen Aufforstungsmaßnahmen standortgerecht erfolgen. Das bedeutet, dass Baumarten gepflanzt werden, die an die jeweiligen klimatischen und bodenkundlichen Bedingungen angepasst sind. Zudem ist es wichtig, junge Bäume in den ersten Jahren vor Wildverbiss und Konkurrenz durch invasive Pflanzen zu schützen.
Nur durch konsequente Maßnahmen wie die Förderung von Mischwäldern, eine nachhaltige Bewirtschaftung und die Unterstützung von Waldbesitzern kann sichergestellt werden, dass unsere Wälder auch in Zukunft ihre wichtigen Funktionen für das Klima, die Biodiversität und den Menschen erfüllen.